Cover image for Was ist die Neue Rechte?

2. November 2024

Was ist die Neue Rechte?

Eine Einführung in die Ideen der sogenannten Konservativen Revolution

von Marika G. und Emanuel Dee

Nazis, wie man sie sich vorstellt - glatzköpfig, mit Runentätowierungen und aggressiver Rechtsrock, sind nicht die Einzigen, nach denen wir Ausschau halten sollten. Stattdessen haben wir es nun mit dem Phänomen der Neuen Rechten zu tun: (pseudo-)intellektuell, konservativ, gut vernetzt. Geprägt wurde der Begriff bereits in den 1960ern, als sich junge Rechtsradikale innerhalb der NPD von der veralteten, erfolglosen „alten“ Rechten abgrenzten.

Die ,,Neue Rechte” hat oft keine feste Organisationsstruktur, wie sie in einer Partei oder einem Verein vorzufinden ist. Sie besteht eher aus einem Netzwerk verschiedener Publizist*innen und Gruppierungen, welche im Hinblick auf die ,,Konservative Revolution” eine ähnliche Ideologie haben.

Anders als der Begriff suggeriert handelt es sich bei ihr weder um ein historisches Ereignis noch um eine einheitliche Strömung. Es ist viel mehr eine Fremdbezeichnung für antiliberale, antidemokratische und antiegalitäre Ideologien von deutschen Intellektuellen aus der Weimarer Republik.

Der Begriff wurde geprägt von Achim Mohler, der in seiner Dissertation von 1949 „Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932“ ein Bild einer von den Einflüssen der Nationalsozialisten unbeeinflussten deutschen rechten Strömung zeichnete.

Diese stellte einen ersten recht erfolgreichen Versuch dar die Ideen der sogenannten Konservativen Revolution salonfähig zu machen. Mohler selbst meinte später, dass der Nationalsozialismus und die Konservative Revolution kaum voneinander zu trennen seien, obwohl es einige Ideologischen Unterschiede gab.

Anknüpfend an Mohlers Versuch formierte sich in den 1960er Jahren eine neue Rechte auch politisch. Verbal distanzierte sie sich von den Verbrechen des Nationalsozialismus und von der Ideologie und berief sich auf die Konservative Revolution.

Ein wesentliches Konzept, dass viele innerhalb der Neuen Rechten vertreten, ist der sogenannte Ethnopluralismus; eine Vorstellung in der verschiedene Kulturen und Völker zwar gleichwertig sind, aber von einander getrennt werden sollten. Die Zugehörigkeit zu einer Kultur wird aber zumindest implizit rassisch definiert. Es geht meistens nicht um die tatsächlich gelebte Kultur sondern um eine vermeintlich angeborene. Dazu sollen Völker auf ihre „angestammten“ Territorien verbleiben. Durch „Remigration“ soll dieser Zustand erreicht werden.

Dieses Ziel ist nichts weiter als eine Forderung nach einem Ethnostaat, welcher die Basis bildet für das Demokratieverständnisses der Neuen Rechten: Eine identitäre Demokratie.

Die ,,Neue Rechte” will, genau wie die alten Bewegungen der Jungkonservativen, eine geistige Überwindung des demokratischen pluralistischen Verfassungsstaats erreichen. Ein geistiger Wandel müsse dafür einem politischen Wandel vorausgehen. Erst, wenn die eigenen Ideologien in der Bevölkerung großen Zuspruch finden, könne das politische Ziel durchgesetzt werden.

Notwendige Bedingung für Demokratie nach ihrer Vorstellung ist demnach eine „Artgleichheit“. Mit dieser Argumentation, nach der die Interessen des Volkes viel mehr durch eine rassistische und nationalistische Vorstellung von Nation und Volk bestimmt sind als durch die materielle Lebensgrundlage, wurden auch Ideen des Nationalsozialismus begründet.

Einer der Kernfiguren der heutigen Neuen Rechten ist Götz Kubitschek. Er gilt als Kopf des rechtsextremistisch eingestuften Think Tank IfS (Institut für Staatspolitik), welcher eine Vielzahl von Kontakten und Beziehungen zu anderen Gruppen und Personen der ,,Neuen Rechten” unterhält. Über sein Think Tank pflegt der Verleger, Publizist und Aktivist der ,,Neuen Rechten” außerdem Verbindungen zu AfD-Funktionären wie Björn Höcke. Kubitschek trat 2015 als Hauptredner auf einigen Pegida-Demonstrationen in Sachsen auf. Er wird außerdem von rechtsextremistischen, identitären Bewegungen (IB) aufgegriffen.

Neue Rechte = alte Rechte? Zwischen der Neuen Rechten und der alten Rechten gibt es Unterschiede.

Zunächst wird sich auf andere Ideologen berufen. Auch inhaltlich gab es gewisse Unterschiede zwischen Nationalsozialismus und Jungkonservativen der Weimarer Republik, die später unter dem Schlagwort ,,Konservative Revolution” zusammengefasst wurden. Die Jungkonservative sahen ihren größten politischen Gegner im Liberalismus während der Nationalsozialismus ihn in den Kommunisten gefunden hat. Auch der Antisemitismus war unter den klassischen Nationalsozialisten stärker verbreitet. Jedoch sind in der Neuen Rechten sowohl Antikommunismus und Antisemitismus häufig essenzielle Merkmale, es wird sich aber aus taktischen Gründen mehr auf den Liberalismus und den Islam als Gegner gesetzt, da diese für die zu agitierenden Menschen in der Regel präsenter sind.

Insgesamt lässt sich jedoch feststellen, dass durch die neue Rechte nicht viel mehr als ein rebranding stattfindet. Aus ,,Blut und Boden” wird ,,Ethnopluralismus”, aus ,,Völkermord” wird ,,Remigration”