9. November 2024
Vordenker der Neuen Rechten
Konservative Revoluzzer oder Nationalsozialisten?
Alain de Benoist
Der französische Publizist und Philosoph Alain de Benoist gilt als Vordenker der ,,Neuen Rechten”. Seine Theorien entwickelte er in dem Think Tank ,,La GRECE”, den er 1968 gründete. In seiner Ideologie fordert er Europa auf, sich von fremden Einflüssen, wie dem der USA, loszusagen, die Nationalstaaten aufzulösen und sich ethnisch als Europäer zu definieren.
Ethnopluralismus
Benoists These des Ethnopluralismus sagt, dass keine ,,Rasse”/Kultur überlegen sei, sie sich jedoch voneinander unterscheiden würden. Das kulturelle Erbgut sei biologisch vorgegeben und könne nur auf dem eigenen Territorium, in der eigenen Kultur angemessen entwickelt werden. Hier lässt sich eine Parallele zur ,,Blut-und-Boden-Ideologie” der Nationalsozialisten ziehen, welche ebenfalls besagte, dass das Erbgut des Menschens (Blut) sehr stark mit seinem Siedlungsraum (Boden) verbunden sei. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass die Nationalsozialisten die von ihnen sogenannte ,,arische Rasse” als überlegen ansehen, wohingegen Benoist jede Kultur als gleichwertig anzusehen scheint, solange sie auf ,,ihrem” jeweiligen Territorium bleibt.
Metapolitik
Mit der Strategie eines ,,Kulturkampfes” und der ,,Revolution von rechts” sollen Vorgaben für den ,,Sinn des Lebens” festgelegt werden.
Benoists Ideologie findet auch heute in der deutschen Bewegung der Neuen Rechten Zuspruch. Seine Theorien werden von identitären Bewegungen aufgegriffen, er ist Mitpublizist der rechten Wochenzeitung ,,Junge Freiheit” und pflegt gute Beziehungen zu Köpfen der deutschen ,,Neuen Rechte”, wie Armin Mohler.
Carl Schmitt
Carl Schmitt war bedeutender Jurist und Staatstheoretiker in der NS-Zeit. Lange nach dem Untergang des Nationalsozialismus entfaltet seine Staatstheorie und sein Denken im bürgerlichen Staat und insbesondere bei den Neuen Rechten seine Wirkung. In der ,,Jungen Freiheit” und vom neurechten Institut für Staatspolitik wird häufig direkt und indirekt Bezug auf Carl Schmitt genommen und den Anhängern “Schmittismus” attestiert.
Er wird immer wieder als Anhänger der Konservativen Revolution gelabelt und seine NS-Geschichte aus seiner Theorie ausgeklammert. Wie viel Nationalsozialismus steckt also in seiner Theorie?
Wesentlich für Schmitts Denken ist das Primat der Politik. Dem Recht geht staatliche oder politische Ordnung voraus. Im Ausnahmezustand, der (verfassungs-)rechtlich nicht definiert werden kann, ist der Souverän der, der entscheiden kann, ob die Verfassung und das bisherige Recht im allgemeinen weiterhin gelten.
Es lässt sich auch eine Freund-Feind-Dichotomie in Schmitts Theorie finden, entweder mit uns oder gegen uns. Bei Schmitt geht diese Unterscheidung so weit, dass die völlige Auslöschung des Feindes ein legitimes politisches Mittel darstellt, insofern der Souverän es für nötig hält. Hinzu kommt noch zutiefst völkisches Denken, die Zugehörigkeit zu einer Nation wird nicht durch kulturelle oder geographische Zugehörigkeit bestimmt, sondern durch eine gemeinsame Herkunftsgeschichte, durch gleiches Blut.
Nach Schmitt ist die Homogenität des Volkes eine notwendige Bedingung der Demokratie:
„Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, dass nicht nur Gleiches gleich, sondern, mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigenfalls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen.“1
Das sind alles keine originär nationalsozialistischen Positionen. Verteidiger der Theorie Schmitts würden bloßen Opportunismus anführen um die Anpassung seiner Theorie an den Nationalsozialismus zu erklären und die Anpassung als Bruch mit seiner Theorie von vor 1933 bezeichnen. Vorher stand er den Nationalsozialisten noch ablehnend gegenüber.
Doch ab 1933 weisen Schmitts Werke starken Bezug auf Hitler auf. So rechtfertigte er die Machtergreifung Hitlers und erklärte ihn in seinen Schriften, zumindest implizit, zum Souverän. Er rechtfertigte außerdem den Führerkult. Die Homogenität des Volkes, als Voraussetzung für Demokratie, welche zuvor immer eine Gleichartigkeit meinte, wurde zur Artgleichheit.
Kritiker sehen in dem Wandel allerdings keinen opportunistischen Bruch, sondern konsequente Kontinuität seiner Theorie.
Schmitts selbst hat nach 1945 nur eine ambivalente und keine klar ablehnende Haltung zu Hitler: „Was war denn eigentlich unanständiger: 1933 für Hitler einzutreten oder 1945 auf ihn zu spucken?“2.
Wie viel NS-Ideologie steht in Schmitt?
Ob nun Schmitt selbst überzeugter Nationalsozialist war oder lediglich ein rechter Opportunist, kann hier nicht abschließend beantwortet werden, es lässt sich aber feststellen, dass sein Theoriekonstrukt nicht nur mit Nationalsozialismus getränkt ist, sondern Positionen mit den Grundlagen des Nationalsozialismus derart verwoben sind, dass sie sich nicht klar voneinander trennen lassen.
Eben das macht es so problematisch, dass Carl Schmitt und viele andere Juristen, wie Karl Larenz, Otto Palandt, der Namensgeber des kürzlich umbenannten Kommentars, oder Heinrich Schönfelder, Namensgeber für die ebenfalls kürzlich umbenannte Gesetzessammlung im universitären Kontext, immer noch besprochen werden und das häufig ohne die NS-Vergangenheit aufzuarbeiten.
Ihre Werke müssen nicht unbedingt verworfen werden, aber im Zusammenhang mit ihren Urhebern und deren Leben kontextualisiert werden.
1 Carl Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus S. 13f, 1923.
2 Carl Schmitt, zitiert nach Jürgen Habermas: Carl Schmitt in der politischen Geistesgeschichte der Bundesrepublik.
Oswald Spengler
Oswald Spengler ist 1880 geboren und zählt zu den „Intellektuellen“ der nationalistischen Konservativen Revolution. Während er sich zwar vom Nationalsozialismus abgrenzte, vertrat er nationalistische, extremistische Ideologien.
Sein Hauptwerk „Der Untergang des Abendlandes“ zählte zur Zeit der Weimarer Republik zu den meistgelesenen Büchern. Darin beschreibt er acht Hochkulturen, vom Alten Ägypten bis zum „faustischen Abendland“, und schreibt diesen aufeinanderfolgende Lebensphasen, die schließlich im Untergang enden, zu.
Die Abendländische Kultur - also Europa und Nordamerika - beschreibt er zwar als expansiv und kriegerisch, demgegenüber stellt er die „Zivilisation“, also die liberale Demokratie, welche es zu überwinden gelte. So brauche es nämlich eine Autorität, genauso wie Kriege, damit sich die Menschheit weiterentwickeln könne. Er prophezeit den Untergang des Abendlandes, welches dem sogenannten „Cäsarismus“ weichen solle, betrieben von Menschen mit starkem Willen zur Macht, die das Bestehende zerstören und den Weg einer neuen Kultur ebnen.
Werte wie Elite, Nation, Ordnung und Rasse sollen wieder eingeführt werden. Und unter dem „Heimat-Begriff“ solle sich die Elite mit der Masse versöhnen.Von der Neuen Rechten wird der „Heimat-Begriff“ verwendet, um beispielsweise den Islam aus der „deutschen Kultur“ auszuschließen.
Durch den Bezug auf die „Konservative Revolution“ versucht die Neue Rechte, über ihre Verbindung zu der traditionellen „alten“ Rechten und dem Nationalsozialismus hinwegzutäuschen, jedoch handelt es sich um rechtsextreme und gewaltvolle Ideologien.
Ernst Jünger
Ernst Jünger, geboren 1895, war Offizier, Schriftsteller und Publizist der konservativen Revolution und wurde sowohl für seine Kriegstaten als auch für seine kriegsverherrlichenden Veröffentlichungen geehrt.
Während des Krieges fertigte er mehrere Tagebuchaufzeichnungen an, sowie Bücher, indem er die Gräueltaten des Krieges als ästhetische Bilder beschreibt. Nachdem er aus der Reichswehr entlassen wurde, publizierte er antidemokratische, nationalistische Texte. In seinem 300 Seiten langen Essay „Der Arbeiter“ beschreibt er seine autoritär-imperialistische Zukunftsvision. Kunst und Kultur, Demokratie und der Bürger, dem Verstand zugesprochen wird, weicht dem „Arbeiter“. Dieser kollektive Typus entspricht jedoch nicht der Arbeiterklasse bzw. dem Proletariat, sondern dem gehorsamen Arbeiter, der der totalitären Herrschaft folgt und sie errichtet. Der Mensch würde so zu seiner Natur mit dämonischen Trieben zurückkehren können.
Während sich Ernst Jünger von der Herrschaft unter Hitler distanzierte, war er bis zum Ende der Weimarer Republik damit beschäftigt, anti-liberale, nationalistische und antisemitische Inhalte in Zeitschriften der extremen Rechten zu veröffentlichen. Immerhin hatte er als Kriegsoffizier gedient.
Den Fragebogen zur Entnazifizierung der Alliierten hatte Jünger nie ausgefüllt. 1959 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, 1982 den Goethe-Preis. 1984 wurde er vom deutschen Bundespräsidenten Helmut Kohl eingeladen, an der deutsch-französischen Versöhnungsfeier teilzunehmen.
Seine politische Weltanschauung, seine antidemokratische Haltung, sowie seine antisemitischen Schriften werden mit Verweis auf den damaligen Zeitgeist ignoriert und seine Person bis heute, nicht nur in Kreisen der Neuen Rechten, geehrt.