28. Oktober 2024
Antifaschismus auf dem Prüfstand
Kritik an der Zusammenarbeit mit Israels rechtsextremen Narrativen in der „Antifa-Kneipe“
Am 25.10. lud die Frankfurter Antifaschistische Basisgruppe (ABG) im Rahmen ihrer „Antifa Kneipe“ zum Vortrag „Antisemitismus und die Genese der Grünen“ mit Luise Henckel und Kolja Huth ein. Das wichtige Anliegen über Antisemitismus und seine Spielarten aufzuklären, scheint in diesem Fall jedoch Gefahr zu laufen, instrumentalisiert zu werden. Ein offensichtliches Indiz dafür ist die Nebentätigkeit des Dozierenden Kolja Huth. Er ist Vorstandsmitglied des Jungen Forums (JuFo), welches die Jugendorganisation der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) ist. Die Aufgabe der DIG und des JuFos „ist Pflege lebendiger bilateraler Beziehungen“ zwischen dem israelischen und dem deutschen Staat, sowie sich „aktiv gegen Antisemitismus, Antizionismus und Israelfeindlichkeit einzusetzen“. Was das in der Praxis bedeutet: durchaus auch argumentative Schützengrabenhilfe für Israels rechtsextreme Regierung.
Für die DIG ist die Geschichte der Vertreibung von Palästinenser*innen während der Staatsgründung Israels lediglich der „DER MYTHOS NAKBA“, was sie in ihrer gleichnamigen Broschüre untermauert. Für die Solidarisierung Studierender mit Palästina hat die DIG nur wenig Verständnis und beteiligt sich am rassistischen und hetzerischen Diskurs mit der Forderung nach politischer Exmatrikulation: „Extremistische und gewalttätige Studenten sollten mit einer Exmatrikulation als ultima ratio rechnen müssen.“. Israels Vorgehen im Libanon sei „völkerrechtlich gerechtfertigt, verhältnismäßig und erfolgreich“. In Gaza solle man zwar versuchen eine „humanitäre Katastrophe“ durch mehr „Hilfsgüter“ abzuwenden, eine Alternative zum Vorgehen der IDF gibt es aber nicht. Gleichzeitig dürften „Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe das Aufstacheln zu Terrorismus nicht fördern“, weshalb „die UNRWA auslaufen gelassen werden soll“, so die DIG. Die Antwort auf zunehmende waffenexportkritische Stimmen ist die Forderung: „Der Bundessicherheitsrat muss alle Rüstungsexportanträge für Israel freigeben.“. Die Liste möglicher Kritikpunkte an der DIG und dem JuFo ist lang. Man könnte eigene Texte zu Personen wie Volker Beck, Uwe Becker oder deren Haltung zu Donald Trump schreiben. In diesem Fall wollen wir uns aber auf ein konkretes Ereignis diesen Jahres konzentrieren.
Als Mitglied des Vorstands des JuFos trägt Kolja Huth die Verantwortung für einen absurd-rassistischen Aufruf des „Frankfurter Bündnis für Israel“ (JuFo ist Teil des Bündnisses), welches am selben Tag (17.02.2024) wie die bundesweite Mobilisierung zum Gedenken an Hanau, zur Kundgebung am Roßmarkt aufrief. Als wäre die offensichtliche Konkurrenzveranstaltung zum Gedenken an Hanau nicht genug, lohnt sich ein Blick in den damaligen Demoaufruf. In dem Aufruf des Bündnisses wurde in rassistischer Manier von „militanten Jubelpalästinensern“, „nahöstlicher Hitzköpfigkeit“, „Entnazifizierung des Gazastreifens“ durch Israel, „Palywood“, also der angeblichen „Opferinszenierung“ von palästinensischem Leid, oder angeblicher „Rassenkunde“ und vielem Mehr geschrieben. Der gesamte Charakter des Aufrufes ist gezeichnet von antimuslimischer Hetze. So wird zum Beispiel wiederholt von "islamischem Judenhass" gesprochen. Die internationale Solidarität mit Palästina und die immer lauter werdenden Stimmen, die sich für ein Ende der Unterdrückung einsetzen, werden dabei diffamiert und ihnen wird der Wunsch einer „Verwandlung von Nationalstaaten in Stammes- und Volksgemeinschaften“ durch „Komplizenschaft zwischen den schwer sensiblen Delegitimierern des westlichen Erbes und den islamischen Eiferern“ unterstellt. Unterschrieben ist der Aufruf auf der Website mit „Frankfurter Bündnis für Israel“.
Eine „Antifa-Kneipe“ die solche Akteure unkritisch einlädt und ihre Nebentätigkeiten im Aufruf nicht erwähnt, sollte sich fragen, ob sie ihrem Namen wirklich gerecht wird! Wie kann es sein, dass die ABG ihren Kampf gegen Antisemitismus offensichtlich auf Kosten von Palästinenser*innen und Muslim*innen führt? Wieso werden dazu Verfechter*innen von Narrativen der rechtsextremistischen Regierung Israels eingeladen? Ein Antifaschismus auf der Höhe der Zeit bedeutet einen gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus, sowie selbstverständlich das Einsetzen für ein Ende der Unterdrückung in Palästina und überall auf der Welt.
Quellen:
http://nokrauts.org/2024/02/aufruf-kundgebung-frankfurt-solidaritaet-mit-israel/ (Demoaufruf)
https://antifa-basisgruppe.org/antifa-kneipe-im-oktober-antisemitismus-und-die-genese-der-grunen/
https://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/download/mythos-nakba/